Am 4. Mai 1521, fast genau vor 500 Jahren wurde Martin Luther auf Betreiben des sächsischen Kurfürsten Friedrich der Weise während der Rückreise von Worms nach Wittenberg in Thüringen »abgefangen« und auf die Wartburg gebracht. Die Aktion war so geheim, dass nicht einmal der Kurfürst wusste, wo Luther war (doch Friedrichs Sekretär Spalatin war eingeweiht). Luther auf dem nun nicht nur der päpstliche Bann sondern auch die kaiserliche Reichsacht ruhte, war zu dieser vogelfrei. Ihm zu helfen war bei Strafe untersagt, jedermann konnte ihm ungestraft etwas anhaben. Friedrichs Leute, angeführt von den Rittern Burkhard Hund von Wenkheim und Hans Sittich von Berlepsch, nahmen ihn in der Nähe der Burg Altenstein bei Bad Liebenstein »gefangen«, und brachten ihn unerkannt zur Wartburg, die damals zum Gebiet des sächsischen Kurfürsten gehörte. Die abgebildete Szene soll das Einrollen des Fluchtwagens über die heruntergelassene Zugbrücke darstellen. Der Fluchtwagen selber wurde vor ein paar Jahren nachgebaut und 2017 auf der Wartburg ausgestellt. Er diente als Vorlage für die folgende Zeichnung.

Illustration (Ausschnitt) zu dem Buch »Je mehr jene drohen, desto getroster bin ich«

Diese gespielte Entführung war so gelungen, dass selbst Freunde und Sympathisanten Luthers, zu denen auch Albrecht Dürer gehörte, anfangs meinten, der Reformator sei von seinen Feinden gefasst wurden. Während in der ersten Zeit seines Wartburgaufenthaltes noch Bestürzung und Unsicherheit bezüglich seines Verbleibs herrschten, häuften sich in den Monaten darauf die Anzeichen, dass er wohlauf und aktiv wie eh und je sei. Briefe waren es, welche er insbesondere Freunden, Sympathisanten und Mitarbeitern schrieb, die Zeugnis gaben von seinem ungebrochenen Mut und seiner Schaffenskraft. Gerade als die Zwickauer Propheten im Winter 1521/22 in Wittenberg auftauchten und dort für viel Unruhe und auch Ratlosigkeit sorgten, waren es Luthers Briefe und letztlich auch sein persönliches Kommen, die halfen, diese ernste Krise innerhalb der Reformation zu überwinden. Seine Invocavit-Predigten im März 1522 wehrten dem Einfluss der schwärmerischen Propheten, die ansonsten nicht nur den Wittenbergern, sondern auch der Reformation selber durch ihre überspannten und gefährlichen Ansichten viel Schaden zugefügt hätten.


Die Wartburg selber, die auch der obigen Illustration als Vorlage gedient hat, sah vor 500 Jahren deutlich anders aus. Das Erscheinungsbild der heutigen Wartburg geht auf die Restaurationsbemühungen des Großherzogs Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach zurück. 1838 wurde der Eisenacher Baurat mit der Untersuchung der Überreste beauftragt. Ab 1853 wurde sie unter der Leitung des Architekten Hugo von Ritgen wiederaufgebaut.

Tina Eißner